Das British Medical Journal (BMJ) hat im September 2019 eine Studie finnischer Forscher veröffentlicht. Hierbei ging es um Erkenntnisse für eine medikamentiöse Behandlung von Spielsucht. Die Ergebnisse beruhen auf dem Einsatz eines Wirkstoffs mit dem Namen Naloxon und wirken auf den ersten Blick vielversprechend.
Klinische Behandlung von Spielsucht mit Medikamenten möglich?
Spielsucht wird, genau wie eine Drogenabhängigkeit oder Sexsucht, als Krankheit eingestuft und ist offiziell als solche zu behandeln. Allerdings gibt es keine leicht anwendbare Methodik, die es Patienten erlaubt sie in den klinischen Alltag einzubinden. Oft müssen Theraphiesitzungen besucht werden oder man beantragt einen Ausschluss aus diversen Casinos – was oft mit einer ganzen Menge Papierkram zusammenhängt.
Finnische Forscher haben nun die Ergebnisse aus einer Pilotstudie von 2017 veröffentlicht. Hierbei geht es um den Wirkstoff „Naxolon“, der bei Spielsucht verabreicht wurde. Dazu wurden Fragestellungen zur Verträglichkeit, Wirkung und Realisierbarkeit beantwortet.
Wie wird Spielsucht im wissenschaftlichen Sinn verstanden?
Genau wie bei einer Kaufsucht geht es auch bei einer Spielsucht um eine substanzgebundene Abhängigkeit. Kategorisiert werden derartige Krankheiten unter dem Terminus: stoffgebundene Verhaltenssüchte. Unkontrolliertes Spiel aktiviert hierbei die Regionen im Gehirn, die bei Suchtsubstanzen ebenfalls angesprochen werden.
Wie wirkt Naloxon?
Naloxon verhindert die Ausschüttung von Dopamin, indem es bestimmte Rezeptoren blockiert und damit eine Kommunikation verhindert. Dopamin gilt als Glücksstoff und wird beispielsweise nachhaltig beim Sport ausgeschüttet. Auch durch Fernsehen, Videos und Glücksspiel entsteht Dopamin. Unter anderem ist der Botenstoff auch für Verhaltensweisen verantwortlich und löst zum Beispiel Hemmungen auf. Dadurch sind Spieler beispielsweise risikobereiter und spielen auf höheren Einsätzen.
Ergebnisse der Pilotstudie
Es wurden zwei Gruppen getestet, die mit verschieden hohen Dosierungen gearbeitet haben. Insgesamt gab es 20 Teilnehmer. Probanden, die das Medikament einnahmen, haben an 73% der Tage des Testzeitraumes nicht an Glücksspiel teilgenommen. Auch die Intensität hat deutlich nachgelassen.
Einige Teilnehmer konnten auch Symptome, die mit einer Spielsucht einhergehen, deutlich reduzieren.
Im Vergleich wies die höher dosierte Gruppe eine wesentlich geringere Wahrscheinlichkeit zu erneutem Spiel auf. Die Gruppe mit kleinerer Dosierung hingegen konnte nur einen geringen Rückgang verzeichnen.
Auffällig sei, dass Studienteilnehmer der Gruppe mit kleinerer Dosierung öfter über Nebenwirkungen des Wirkstoffs berichtet haben. Zu den Nebenwirkungen gehören unter anderem Kopfschmerzen, Übelkeit und Appetitlosigkeit. Außerdem zeigte sich, dass genau diese Gruppe zwar nicht häufiger spielte, aber höhere Einsätze und ein größeres Budget für Glücksspiel verwendet hat.
Ergebnisse aus Sicht der Probanden
Obwohl es Nebenwirkungen gab, die der Studie zufolge nur vereinzelt aufgetreten sind, sind die Probanden positiv gestimmt. Die Einnahme über ein Nasenspray sei hierbei besonders gut. Somit müsse sich niemand komischen Fragen gegenüberstellen, die möglicherweise von nahestehenden Personen kommen könnten. Das Medikamt sei perfekt „getarnt“.
Im Anschluss an das Experiment haben sich zudem alle Beteiligten bereit erklärt an weiteren Versuchen teilzunehmen.
Erleben wir bald eine Spielsucht-Revolution?
Eine Studie mit nur 20 Teilnehmer ist nicht stichhaltig genug, um wirklich als anerkanntes Forschungsergebnis durchzugehen. Dafür fehlt es an Teilnehmern und zusätzlich an einer Referenzgruppe mit Placebos.
Vielversprechend ist jedoch, dass zu dieser Zeit eine weitere Studie in Finnland läuft. Diese hat 130 Teilnehmer und soll im Frühjahr 2020 veröffentlicht werden.
Obwohl sich bei substanzgebundenen Suchterkrankungen wie einer Drogensucht bereits der Einsatz von Medikameten etabliert hat, kämpfen stoffgebundene Abhängigkeiten wie eine Spielsucht immer noch mit der bisher einzigen allgemein bekannten Theapie: Die Willenskraft der Sucht zu widerstehen.
Die finnischen Forscher möchten mit dem „Vorurteil“ aufräumen und zeigen, dass eine ganzeinheitliche Behandlung mit Medikamten möglich ist.